
Trekking um die Annapurna in Nepal
"Für mich stellen Liebe und Mitgefühl eine allgemeine, eine universelle Religion dar. Man braucht dafür keine Tempel und keine Kirchen."
Frauen unterstützen
Vor ein paar Wochen hatte ich ein intensives Gespräch mit einer jungen Nepalesin, die sich mir nach wochenlanger Bekanntschaft öffnete und mir von ihren Sorgen und Problemen erzählte. Sie tat es mit einer Anmut und Würde, von der ich in ihrem Alter nur träumen konnte. Was sie mir erzählte, rührte mich zu Tränen, während sie selbst ganz gefasst war. Ich bin immer noch frustriert über den Sexismus, dem ich zu Hause manchmal ausgesetzt bin, aber was Frauen in Südasien erleben, ist eine ganz andere Geschichte. Unser Gespräch hat mich nachhaltig geprägt und mich darin bestärkt, dass der Aufbau von Shanti Treks, um Frauen weltweit zu einem unabhängigen und freien Leben zu befähigen, mein Ziel ist.
Daher habe ich mich riesig gefreut, als ich zwei junge Frauen aus Kathmandu, Panchi und Barsha, für eine Erkundungs-Tour mit Surya in der Annapurna-Region gewinnen konnte. Wir planen einen Shanti Trek rund um die Annapurna im März 2026. Beide waren noch nie zuvor im Himalaya gewandert, lieben aber die Natur und das Draußensein. Beide hatten außerdem vor einem Jahr ihr Akasha-Traineeship abgeschlossen. Nun bieten die Akasha Academy und ich ihnen die Möglichkeit, eine Karriere in der Trekkingbranche anzustreben, und dieser Trek war ihr erster Schritt. Alles über meine Zusammenarbeit mit der Akasha Academy zur Stärkung von Frauen könnt ihr in meinem vorherigen Blog lesen.



Los geht's
Am Ende waren wir zu fünft, da sich noch eine Voluntärin der Akasha Academy uns angeschlossen hatte. Gemeinsam fuhren wir mit dem Bus von Kathmandu nach Pokhara und von dort mit dem Jeep zum Ausgangspunkt der Wanderung. Insgesamt wanderten wir sieben Tage lang durch das Orange Kingdom mit seinen frisch geernteten Mandarinenbäumen, wunderschön blühenden Rhododendronwäldern und später entlang der Aussichtspunkte Mohare Danda, Poon Hill und Khopra Danda. Von hier aus boten sich uns von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang atemberaubende Ausblicke auf die majestätisch wirkende Annapurna- und Dhaulagiri-Kette, zwei der über 8000 Meter hohen Berge Nepals. Diese Aussichtspunkte sind zwar bekannt, doch Surya zeigte uns eine Route, die nur wenige Male die ausgetretenen Pfade kreuzte, sodass wir uns dennoch wie die einzigen fühlten, die entlang dieser majestätischen Berge wanderten.



Traumjob: Trekking guide?
Während wir uns die ersten Tage an das frühe Aufstehen, das ganztägige Wandern, und die schweren Rucksäcke gewöhnten, begannen Surya und ich bald mit Orientierungs- und Erster-Hilfe-Schulungen und erzählten, wie es ist, Wanderführer*in zu sein. Dadurch wurde ich auch wieder daran erinnert, was für ein harter Job das eigentlich ist. Man schläft zuletzt, man isst zuletzt, man duscht zuletzt. Das Bett ist am unbequemsten, das Essen kommt zuletzt, und wenn kein heißes Wasser mehr da ist, duscht man kalt oder gar nicht. Wenn die Gäste ihre Wanderstöcke vergessen, gibst du ihnen deine; wenn sie keine richtigen Handschuhe haben, nehmen sie deine; wenn ihnen das Wasser ausgeht, hast du welches in Reserve dabei. Wenn Gäste schlecht geschlafen haben, munterst du sie beim Frühstück auf. Und wenn sie schlecht drauf sind, gibst du ihnen Raum dazu. Deine eigenen Gefühle und Befindlichkeiten müssen warten, bis du wieder im Tal bist.
So ausgedrückt klingt es nach einem schrecklichen Job, aber irgendwie macht mir das alles nichts aus, denn Essen, Schlaf und Hygiene sind für mich in den Bergen zweitrangig. Das Gefühl, wild und frei zu sein, macht mich so tiefenentspannt, dass mir all diese Entbehrungen nichts ausmachen. Die Berge als meinen Arbeitsplatz zu bezeichnen, ist für mich das größte Glück und lässt alles andere unwichtig erscheinen. Es braucht jedoch sicher eine besondere Liebe zur Natur, um so zu denken.




Aller Anfang ist schwer
Es war eine sehr schöne und intensive Zeit und ich habe es genossen, den jungen Frauen von meinem Weg zur Bergwanderführerin zu erzählen. Wie ich vor fünf Jahren ganz allein in diesem Gebirge wanderte – manchmal voller Angst – und ohne zu ahnen, wie sich mein Leben in den kommenden Jahren verändern würde. Niemals hätte ich gedacht, nur fünf Jahre später eine Gruppe von Wandernden durch den Himalaya zu führen. Ich teilte meine Zweifel und Sorgen und erzählte von all den zweifelnden Stimmen um mich herum. Ich gab zu, dass ich manchmal immer noch Angst habe und überfordert bin, aber ich habe aufgehört, das große Ganze zu sehen, und konzentrierte mich auf die kleinen Schritte. Anstatt ihnen nur die Berge zu zeigen, zeigte ich ihnen, was sie mir bedeuten und was ich zu opfern bereit bin, um sie meinen Arbeitsplatz zu nennen.




Perspektivenwechsel
Rückblickend ist es nicht mehr mein Ziel, Frauen dabei zu unterstützen, Trekking Guides zu werden, da ich sehe. Stattdessen möchte ich ihnen einen sicheren Ort bieten, an dem sie die Berge erkunden, ihre Sorgen und Probleme für eine Weile hinter sich lassen und an ihre Grenzen gehen können, um zu erkennen, wozu sie wirklich fähig sind. Ich bin trekken gegangen, um jungen Frauen meine Arbeit als Bergwanderführerin zu zeigen. Am Ende kehrte ich selbst viel weiser zurück. Mir wird immer mehr bewusst, dass Shanti Treks nicht nur meinen Traum verwirklicht wild und frei zu sein, sondern auch eine unerschöpfliche Quelle des Lernens und der Weiterentwicklung meines wahren Selbst ist.


